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Das Streben nach mächtigen Gefühlen

- Wie positive Emotionen wirken -

 

„You laugh more often than not.“ (Du lachst öfter als du es nicht tust.) Ich kannte Eric erst wenige Tage, als er mit diesem Satz mein Herz für eine Millisekunde zum Stillstand brachte. Ich lächelte ihn an. Er machte mich oft glücklich. Eigentlich jedes Mal wenn wir uns sahen. Meist mit Dingen, die er sagte, mit Ideen, die wir gemeinsam spannen. Wir waren gemeinsam kreativ, unbewusst und ungewollt. Einfach so. Noch öfter brachte er mich zum Lachen. Und ich liebe es zu lachen. Obwohl in der fünften Klasse ein Junge mit mir wegen meinem Lachen Schluss machte. Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich daran denke. Aber es geht in diesem Text weder um diesen Jungen, noch um Eric. Aber sie haben mir beide etwas bestätigt, was viele vor und nach ihnen auch taten. Mein positives Wesen ist nicht überhörbar. Mir wurde von klein auf die Liebe und das positive Denken gelehrt. Und egal, was mein Leben bis heute bereit gehalten hatte, blieben diese Grundsteine fest verankert.

Mir wurde auch gelehrt, dass Enttäuschung, Wut und Trauer Emotionen waren, für die niemand verantwortlich war ausser man selbst. Meine Eltern, besonders meine Mutter hat uns in positiver Psychologie erzogen. Sie hatten für ihre Methode keinen Begriff, haben keine Bücher darüber gelesen, haben sich auf ihre Prinzipien und Intuition verlassen. Und kurz bevor ich Dreissig wurde, erfuhr ich von den Forschungsergebnissen der positiven Psychologie von Barbara Fredrickson. Ich hatte für die Lehren meiner Mutter und das positive Denken eine rationale Bestätigung. Im Laufe meiner Lehrzeit erfuhr ich auch vom personzentrierten Ansatz nach Carl Rogers. Empathie, Akzeptanz und Kongruenz. Im ersten Moment war ich verwundert, dass man das erst lernen musste. Besonders als Lehrperson. Ich erkannte plötzlich wie viele Lehrpersonen eben nicht personzentriert agieren konnten. Niemand, der diese Ansätze nicht vertreten kann, sollte meiner Meinung nach vor Menschen stehen und unterrichten. Egal was. Diese Thematik würde einen eigenen Artikel füllen, deshalb lasse ich sie ausser vor und lege den Fokus zurück auf die positiven Gefühle und beschäftige mich damit, was sie bewirken können. 

Wenn allein ein Sonnenstrahl, ein blühendes Gänseblümchen, warmer Sommerregen, oder der Duft des Asphalts danach uns Glückseligkeit bringt, erhöht sich nicht nur die Frustrationstoleranz, nein, wir nehmen viel mehr wahr. Unsere Wahrnehmunsgfähigkeit verstärkt sich. Wir sehen, hören, fühlen und spüren mehr. Legen wir den Fokus dabei auf eine Sinne, lernen wir sogar das Kanalisieren unserer Wahrnehmung und befähigen uns mehr und mehr uns selbst, unser Inneres, besser wahrzunehmen. (Probier es aus. Stelle dich nach draussen und konzentriere dich auf eine Sinne, versuche die anderen vollkommen auszublenden. Am Besten schliesst du die Augen und hörst einfach fünf Minuten hin, oder versuche jede Regung in deiner Umgebung zu spüren, die leichte Brise, die sanften Tropfen auf der Haut, die es zur Erde zieht. Wichtig ist, dass du jeden Gedanken, der ablenkt, kampflos zur Seite schiebst, kehre immer wieder zur einen Sinne zurück.) 

Ich bin überzeugt, dass wir als gute Menschen geboren werden. Ich streite nicht ab, dass es Böses auf dieser Welt gibt, aber wir sind nicht von Natur aus böse. Wir Menschen bringen andere Menschen dazu, nicht die Natur. Machtgefühle hetzen uns gegenseitig auf. Aber Macht ist so relativ, dass es die Gefühle sind, die uns bestimmen. Wenn wir also nach positiven Gefühlen leben würden, würde doch das Böse automatisch nicht mehr diese Ausmasse annehmen, oder liege ich damit falsch? Wenn wir alle mit dem glücklich wären, das wir haben, wer wir sind, wo wir leben, im Einklang mit der Natur, als Gäste dieses wunderschönen, blauen Planeten, dann hätte doch Rassismus, Intoleranz und Machtgehabe keine Chance mehr, nicht? Ich stelle diese Fragen nicht, weil ich mir Weltfrieden wünsche, sondern weil ich um Bewusstsein des eigenen Wirkungsgrad bete. Ich kann nicht die ganze Menschheit verändern, aber es ist möglich den positiven Gefühlen in mir mehr Platz zu geben. Das heisst nicht, dass ich keine Trauer, keine Wut und Enttäuschung erlebe. Aber meine erhöhte Frustrationstoleranz, Wahrnehmungsfähigkeit und mein Kreativbewusstsein, die ich in den letzten Jahren erreicht habe, machen mir mein Leben leichter. Ich bin lebensleicht. Ich bin glücklich. Offen für Neues und kreativ. Ohne grosse Anstrengung. 

Wenn unser Hirn mitspielt, unsere neuronalen Netze - und auch sonst alles da oben - intakt sind, dann steht uns dem positiven Denken nichts im Weg. Nehmen wir uns und unsere Umwelt besser wahr, mindert das egoistisches Verhalten und schaltet von allein den eigenen Verstand ein. Nach der Aufklärung forderte man die Bürger auf den eigenen Verstand zu nutzen. Die Menschen begannen zu lesen, sich zu bilden und selbst als Individuum wahrzunehmen. Sicher besser als dem König ja und Amen zu schwören, aber nun schlagen wir seit Jahrzehnten in eine egoistische Richtung. Oder liege ich falsch? Nehme ich das anders wahr? Wir haben gewisse Scheuklappen abgelegt und uns neue angezogen. Ich finde, es ist Zeit nochmals umzudenken. Dankbarkeit, Liebe und Respekt walten zu lassen. Sich selbst, anderen und auch der Erde gegenüber. Und um auf Fredricksons Forschungen zurückzukommen, hat sie die Beweise geliefert, dass das möglich ist. Bis zu den 80er Jahren hat man sich in der Forschung nicht um Emotionen gekümmert. Sie waren einfach da, nicht definiert, nicht erforscht. Als hätten sie keinen Einfluss. Wie töricht zu denken. Die meisten Forscher haben sich damals auf die negativen Gefühle gestürzt. So wissen wir heute über Depressionen Bescheid, erkennen langsam wenn ein Burnout Überhand nimmt und haben überhaupt einen Begriff dafür. Um nur zwei Beispiele von etlichen zu nennen. Fredrickson sagte sich damals, dass wenn es all diese negativen Emotionen gab, musste das Gegenteil doch auch erklärbar sein. Sie sollte recht behalten. Unser Körper reagiert auf positive Gedanken, auf Emotionen und umgekehrt. Körper und Geist im Einklang. Wie klischiert ausgedrückt und doch so wahr. 

Ich habe lange gezögert einen solchen Artikel zu verfassen. Ich wollte mir die Thematik nicht anmassen, dachte ich sei ja keine Psychiaterin, keine Forscherin oder Wissenschaftlerin. Ich bin nur eine glückselige Frau, die für ihr Lachen bekannt ist. Als mein Herz nach Erics Worten wieder schlug, wurde mir aber bewusst, dass meine positiven Gedanken, mein positives Wesen nicht unter Verschluss gehalten werden muss, nur weil ich kein Diplom dafür habe. Mein Lachen ist unüberhörbar und soll nicht mehr der einzige Ausdruck für positive und mächtige Gefühle sein. Und für den nächsten Moment schliesse ich die Augen, atme tief ein und sanft aus. Machst du mit?