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It puts a spell on you

- Wie ein Diner mein Leben bereicherte. -

 

Das erste Mal als ich im Claytons war, lernte ich Eric kennen. Ein junger, adretter Mann in Uniform. Genauer gesagt in einer Navy-Uniform. Das Diner war voll und er wurde neben mich an den Counter gesetzt. Wir begannen miteinander zu quatschen, bestellten dasselbe Essen und schliesslich lud er mich dazu ein. Ich fühlte mich auf Anhieb wohl an diesem Ort. Er verzauberte mich vom ersten Augenblick an. Er machte mich glücklich und hielt mich fest.

Eric, 34 war verheiratet und hatte vier Kinder. Er lebte für die Navy, lebte deren Prinzipien und liess sich immer wieder aufs Neue versetzen, was seine Familie stets dazu aufforderte es ihm gleichzutun. Eine typische Navy-Familie würde man meinen, aber dem ganzen wurde ein schwieriger Deckel aufgesetzt. Die älteste Tochter, 9-jährig, musste längst tot sein. Es ist brutal, das so zu schreiben. Doch die Realität dabei war brutaler. Sein Töchterchen hatte eine Krankheit, die Babys mit 3 bis 4 Jahren sterben lässt, sie können sich weder wirklich bewegen, noch je verbal kommunizieren. Seit fünf Jahren also wartete Eric täglich auf den Tod seiner Tochter. Dass er dabei ein herzliches Lachen auf den Lippen, wunderbare Gedanken und Worte im Herzen trug, zauberte diesem Schicksal eine zart zerbrechliche Note herbei. Ich lernte ihn besser kennen, weil ich ihn nach unserem ersten Aufeinandertreffen öfter vorsätzlich traf. Ich mochte es mit ihm Zeit zu verbringen und genoss ein Freundschaft pflegen zu können. Und für immer möchte ich mich daran erinnern, wie wir nochmals im Clayton‘s frühstückten und uns die Kellnerin erkannte und unsere Freude teilte, dass aus dieser spontanen, unvorhersehbaren Begegnung eine glückliche Freundschaft entstand. Ich behalte diesen Moment im Herzen und in Erinnerung und vergebe ihm, dass er sie bei unserem letzten Treffen zerstörte, indem er behauptete, er hätte sich die ganze Zeit von mir angezogen gefühlt. Am nächsten Tag flog er nach Hause zu seiner Familie. Wir hielten keinen Kontakt.

Nach einer gewissen Verdauungszeit machte ich mich erneut auf ins Claytons. Ich setzte mich alleine an den Counter und packte meinen Mac aus, bestellte mir ein Turkey-Cheese Sandwich mit Fries und wollte gerade loslegen, als mich die Kellnerin herzlich begrüsste und ihre Kollegen damit verstanden, dass sie mit mir nicht wie mit einem normalen Gast umgehen durften. Was dazu führte, dass der junge, mexikanische Kellner meiner Kaffeesucht frönte. Meine Tasse erreichte nie Mittelstand, war stets gefüllt. Als ich endlich zu schreiben begann, sprach mich mein Sitznachbar an. Ein amerikanischer Arzt, der während seinem Studium mittellos war und manchmal tagelang kein Geld hatte um sich etwas zu Essen zu kaufen. Seinen Freunden und Mitstudenten erzählte er nichts davon. Er wollte kein Mitleid, er wollte nur sein Studium bestehen. Während dieser Zeit lernte er eine aufgeschlossene, herzliche Frau kennen, die ihn sofort in ihren Bann zog. Und als er seinen Abschluss machte, dachte er an sie, denn sie stand bei der Abschlussfeier nicht mehr an seiner Seite. Sie starb, zwei Jahren nachdem sie sich kennen gelernt hatten, an Eierstock-Krebs. Er hatte sie nie vergessen, auch nicht als er nach Tijuana, Mexiko auswanderte und eine alternative Krebsbehandlung für Amerikaner anbot, die in den USA verboten war. Er war glücklich, lebte sein Leben mit einem lächelnden Herzen. Nach einer Zeit schüttelte er seinen Kopf; er hätte diese Geschichte lange nicht mehr erzählt. Er hätte überhaupt lange nicht mehr über sich und seine Vergangenheit gesprochen. Ich lächelte ihm aufmunternd zu. Ich war dankbar, tat er es. Gleichzeitig fragte ich mich; was ist es mit diesem Diner? 

Wenige Tage später sass ich um eine eher ungewöhnliche Zeit im Claytons. Es war drei oder vier Uhr und es war bis auf wenige Tische leer. Ich freute mich, als ich denselben Kellner sah, der meine Kaffeesucht bereits kannte. Er lächelte mir wissend zu und kümmerte sich schnellst möglich darum mir meinen Kaffee hinzustellen. Als er sich immer wieder bei mir aufzuhalten begann. Ich spürte, dass er mir etwas sagen wollte. Ich nickte ihm in Gedanken zu, liess meine Augen sprechen. Da tippte er sich auf die Nase und lachte: „Can I be nosy?“ 

Klar, durfte er neugierig sein. Ich wusste, was er fragen wollte. Warum sass ich um diese Zeit wieder hier und hatte einen Laptop vor der Nase, während ich einen Cheeseburger bestellte? 

„I‘m a writer.“ 

Überrascht war er nicht. Das war niemand, den ich in Kalifornien traf. Eine witzige und erwähnenswerte Tatsache, die mir besonders an meinem Leben in San Diego gefiel. 

Er fragte nach, was ich schrieb und schmunzelte bei meiner Antwort, aber nicht weil er ein attraktiver, junger Typ war und von der Liebe nichts hielt, sondern weil er eine Geschichte auf Lager hatte. Das spürte ich sofort. Eindeutiger war es als er nach Kurzem nochmals auf mich zukam und fragte: „Denkst du, unser Leben ist vorbestimmt oder wir hätten die Wahl?“ 

Wir kamen seinen Worten näher. Da war mehr und er wollte es mir erzählen. Er wusste nur noch nicht wie viel er mir anvertrauen konnte. Als es aus ihm rausplatzte. Er war verliebt, in eine tolles Mädel, das mit ihm arbeitete. Ich grinste, den ich wusste auch welches. Die Chemie konnte ein Blinder fühlen. Ich spürte, wie er sich nach einer Lösung sehnte, denn grundsätzlich war es die Entscheidung zwischen Job behalten oder mit einer Arbeitskollegin zusammen zu sein. Ich fragte, warum nicht beides? Seine Antwort verkörperte Warmherzigkeit, wahre Liebe und so viel mehr, als er begriff. Er wollte sie schützen. Vor Getratsche, vor bösen Zungen, vor all den Schwierigkeiten, die eine solche Beziehung im selben Betrieb mit sich bringen würde. Wir schauten uns an, er konnte sich sicher sein, dass er von da an nicht mehr allein mit seinem Problem war. Liebe oder Job. Da gab es keine kontrollierbare Lösung. Das Leben würde es zeigen. Ich fragte ihn, obwohl er von meiner Geschichte nichts kannte: 

„What is it with this place?“ Was ist es mit diesem Diner? 

Er lächelte und meinte: „It puts a spell on you.“