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Weil ihr mir das Fliegen lehrt.

- Weshalb ich mit meinen Figuren Interviews führe. -

 

( … ) 

Autorin: Die würden sich auch fragen, wenn sie das hier lesen würden.

Leyla: Das würden sich so einige. Ist ja auch komisch.

A.: Wieso? Das ist kreatives Schreiben.

L.. Das ist ein Selbstgespräch, meine liebe Lina.

A.: Ha! Immerhin finde ich mich selbst lieb.

L.: Hahahaha. Und sag jetzt nicht, dass du dich auch noch witzig findest. Das wissen bereits alle. 

( … )

 

Ich vermisse Leyla und Raffi. Mit diesem Gefühl hat dieser Text begonnen, so kam ich darauf ihn zu verfassen, weil es ein Phänomen ist, dass ich gerne etwas durchleuchten und mit der Aussenwelt teilen möchte. 

Raffi und Leyla sind Hauptfiguren aus zwei meiner Bücher. Raffi war die erste, die mir als fiktionale Figur so richtig nahe kam und als ihre Geschichte fertig geschrieben war, war es kaum möglich von ihr Abschied zu nehmen. Ich habe es stets auf die gleiche Weise versucht zu erklären: Es war als wäre meine beste Freundin nach Timbuktu gezogen und ich hätte keine Möglichkeit sie zu erreichen, oder ihr nachzureisen. Sie hat mich lange begleitet. Von der Inspirationsphase, über den ganzen Schreibprozess und schliesslich empfahl mein Verlag die Geschichte noch zu verlängern, also waren es schliesslich mehrere Jahre, in welchen ich oft mit ihr gearbeitet hatte. 

Parallel dazu habe ich in meinem Studium eine Übung kennen gelernt, die eine Vertiefung, ein Verständnis und Inspiration bezüglich Figuren ermöglichte. Interviews führen. Da ich davor beim Radio gearbeitet hatte, war diese Übung sehr attraktiv für mich. Ich wende sie bis heute an und empfehle sie auch stets weiter, wenn man denn sich darauf einlassen kann. Ich begrüsse meine Figuren, wie bei einem normalen Interview, bedanke mich für ihre Zeit und beginne mit meinen Fragen und Folgefragen, bis sich in meinem Kopf entweder ein Verständnis für die Figur entwickelt, eine Inspiration für den Weiterlauf der Geschichte auflebt, oder schlicht eine Blockade gelöst ist. Ich begegne dabei meinen Figuren als Autorin, bitte sie manchmal um Hilfe, oder möchte sie besser kennen lernen. Doch diese Interviews haben nicht nur die Folge, dass ich mehr über meine Figuren erfahre, oder inspiriert werde. Ich baue eine emotionale Bindung zu ihnen auf, weil unsere Gespräche nicht nur bei ihren Geschichten bleiben, sondern auch gewisse Dinge in meinem Leben hinterfragen. 

 

( … )

Autorin: Ich weiss nicht, was ich sagen soll.

Raffi: Weil ich Recht habe und weil du das weisst. Hör auf dich an mir

festzuhalten. Ich kann ihn dir nicht zurückbringen. 

A.: Wow. Der hat gesessen. Hoffentlich bemerkt niemand, wie sehr du mir gerade das Herz gebrochen hast. Wie sehr ICH mir das Herz gebrochen habe.

R.: Es tut mir Leid, dass das die Wahrheit ist. 

A.: Was, wenn ich nie wieder eine solche Geschichte erlebe, die ich dann als Inspiration für die Gefühle benutzen kann, wie deine?

R.: Das wirst du. Du hast es bereits. Leyla und Dero werden sich dir genug früh zeigen.

A.: Aber wird es so gut, wie bei dir?

R.: Ist doch egal. Wichtig ist, dass du deinen Fokus nicht verlierst. Schreiben ist dein Leben und nicht ich.

( … )

 

Was dann mit Leyla geschah, bereitet mir heute noch Mühe in Worte zu fassen. Es tut mir so Leid, was ich ihr angetan habe. Ihre Geschichte ging mir während der Schreibphase so nah, dass ich die Gefühle mit in meine Realität nahm und am Ende keine Kraft mehr hatte, ohne professionelle Hilfe Abschied von ihr zu nehmen. Ich habe nie um Verständnis anderer gebeten. Ich habe akzeptiert, dass meine Liebe zu meinen Figuren die Geschichten ausmachen. Dieses verrückte Zwischenspiel zwischen wahren Gefühlen und meinen Fantasiewelten, die Geschichten hervorbringen, die ich nicht nur erzählen möchte, sondern muss. 

Ich merke nur gerade, dass ich es rational nicht erklären kann. Aber genau das unterscheidet doch auch Fantasiewelten von der Realität. Dass sie nicht erklärbar sind. Ich weiss aber, dass die Zwei immer ein Teil von mir sein werden, egal wie verrückt sich das liest. Ich fahre sanft über ihre Initialen auf meinem Körper und denke dabei an Julie und Matt. Ich sollte endlich beginnen mit ihnen Interviews zu führen.