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Liebe mit offenen Augen

- Was du mit mir machst, hinterlässt dankbare Spuren. -

 

Ich sass im Zug und eine Geschichte begann, derer ich mir noch nicht bewusst war. Ich hörte flauschig sanfte Musik, ganz meiner Stimmung entsprechend. Denn mir hatte man den Kopf verdreht und mein Herz begann viel mehr zu sehen. So viel mehr. Das zu meiner Grundstimmung. Dazu kam ein Thema, das mich wenige Monate zuvor zu beschäftigen anfing. Ich war angekommen. Nachdem ich mit 27 mein ganzes Leben auf den Kopf stellte, begann ich es nach und nach zu ordnen, mich besser zu verstehen, mehr für mich einzustehen. Mit 29 kam ich an. Bei mir, ganz nah. Ich fühlte mich ganz. Und dass ich das alleine hingekriegt hatte, machte es besonders. Ich war endlich angekommen. Bei mir. und jahrelang hatte ich mir diese eine Frage nicht zu stellen gebraucht. Weil viele andere Fragen gab, die zuerst eine Antwort forderten. Schritt für Schritt für Schritt klärte ich jegliche innere Unsicherheiten, wurde mir selbst immer bewusster. Als sich mir die Frage stellte, die ich als Teenie mit Spiritualität ausführte. Glaubte ich? Und wenn ja, woran? 

 

So, da sass ich also im Zug. Strahlend und schaute aus dem Fenster. Denkend, wenn ich jetzt eine Zeichen bekäme, dann wäre auch diese Frage geklärt. Ich schmunzelte; wenn es so leicht wäre. Mein Gedankengang schlich in die nächste Richtung. Was die Liebe in mir tat. Wie sehr ich an die Liebe glaubte und wie sie meine Wahrnehmung bestimmte, wenn ich sie aufleben liess. Ich begann mich gedanklich der Liebe ganz hinzugeben. Nicht nur der Offensichtlichen, weil ein toller Mann den Weg in mein Leben gefunden hatte. Nein, jegliche Liebe, die uns Menschen, uns Lebewesen ausmachte. Dieses Licht, das uns zu einem Teil des grossen Ganzen machte. Während dem Schreiben driftete ich ab. Als meine Haltestelle kam. Mit Musik in den Ohren schnellte ich mit vielen anderen aus der S-Bahn, stellte mich auf die rechte Seite der Rolltreppe. Ich hatte keinen Stress. Da packte mich jemand am Arm. Von rechts unten. 

„Hast du deine Handschuhe vergessen?“, fragte mich der auf Anhieb sympathische Typ.

„Ach, macht nichts. Sie sind nicht wichtig.“ Mir war nichts Materielles gerade wichtig. Doch er rannte los. Zurück in den Zug. Ich schüttelte verdutzt den Kopf. Oben angekommen wartete ich. Er drückte mir meine Handschuhe in die Hand, wünschte mir einen schönen Tag und lief davon.

Einen kurzen Augenblick später fanden in Gedanken folgende Worte mein Herz: Tust du gutes, widerfährt dir Gutes. Keine Zweifel daran. Fühlst du die Liebe des Universums, wird sie sich zeigen. Ich habe um ein Zeichen gebeten und das Gesicht der Nächstenliebe hat sich mir eröffnet. Eine kleine Geste, die mir Liebe bedeutete.

Und manchmal tun sie etwas, wobei sie nicht erkennen, was sie damit geben, wieviel ihnen das Universum zurückgeben wird.  Wie in kleinen Gesten ihnen nicht bewusst ist, dass sie lieben. Bestimmt, nicht jeder erkennt diese Liebe. Auch ich nicht jeden Tag. Aber heute tat ich es. Ich sah ihr in die Augen und konnte es nicht fassen.

Danke, Fremder. Danke, dass du für mich zurück in den Zug gesprungen bist, um mir meine Handschuhe zu bringen, obwohl ich sagte, dass sie nicht wichtig seien. Sie waren nicht wichtig, doch deine Geste war es. Ich wünsche Dir, dass Dir eines Tages dieselbe Liebe widerfährt und du sie erkennst.