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ama et labora

- Ein (von Herzen ehrlich gemeinter) Lobgesang - 

 

„Du flirtest zu viel.“

Und überraschend, was nun kommt:

Nebst einem Büroaushilfsjob bei meinen Eltern bin ich mit 18 Jahren das erste Mal unter das arbeitende Volk gegangen. Jeden Samstag habe ich an der Champagnerbar in einem Einkaufshaus Kaffees und Häppchen serviert. Nach drei Monaten gab es das erste Mitarbeitergespräch meines Lebens und die Kritik hat mich geprägt. Ich flirtete zu viel. Ich schmunzelte, denn für mich war das nicht flirten, sondern Freundlich-sein. Ich war (und bin noch) eine aufgeschlossene und fröhliche Persönlichkeit. Aber war es wirklich so, dass ein ehrliches Lächeln bereits als flirten wahrgenommen wurde? Eine weitere Kritik war, dass ich mich als Teil des Betriebs sehen sollte und nicht als Individuum. Ich sollte nicht Lina hinter der Bar, sondern die Firma repräsentieren. Das verstand ich und sah ich ein. Das tat ich wirklich nicht. Aber fing damit von diesem Tag an. Ich begann, wenn ich von meiner Arbeit sprach, in „Wir“-Form zu sprechen. „Wir stehen für das ein …“, „Wir machen das so …“ Um das umsetzen zu können, war es mir wichtig die Philosophie meiner Arbeitgeber vertreten zu können. So wählte ich meine Jobs nach dessen Credo oder verliess einen Betrieb, wenn ich nicht mehr mit ganzem Herzen hinter ihm stehen konnte, oder wofür er stand. Was natürlich nicht immer der einzige Grund war, ich hatte auch Nebenjobs, die mir zwar gefielen, aber ich für meine Ziele wieder kündigte. Normalerweise ging ich auch nicht zurück. Und so komme ich auf meine jetzigen Arbeitgeber zu sprechen. 

 

Meine Arbeit als Buchhändlerin bei der Lüthy + Stocker AG begann 2013, gedacht war sie als Übergang für etwa ein Jahr. Ich blieb 3 Jahre in der Buchhandlung im Glattzentrum, veröffentlichte währenddessen zwei Bücher, bei welchen sie eine unbeschreibliche Unterstützung waren. Sie gaben mir Schreibzeit, veranstalteten meine Buchvernissage und bestellten meine Bücher in jede ihrer Filialen. Aus jeder Ecke wurde mir der Rücken gestärkt und trotzdem war es 2016 Zeit meine beruflichen Ziele als Creative & Writing Coach voranzutreiben. Meine damalige Chefin hatte dabei eine wichtige Rolle eingenommen. Sie war diejenige, die mich im richtigen Moment auf mein Seelenwohl ansprach und mich aufforderte mein Leben wieder in die Hand zu nehmen, obwohl sie wusste, dass das bedeutete mich gehen zu lassen. 

Das erste Mal in meinem Leben blieb ich trotzdem leicht hängen. Ich besuchte meine Arbeitskolleg*innen oft, oder half am Bücherfestival aus und Bücher irgendwo anders zu kaufen, kam mir nicht in den Sinn. Irgendwie war ich nie ganz weg und als ich 2019 nebst meiner Lehrtätigkeit wieder einen Ausgleich suchte, empfing mich die Buchhandlung Lüthy im Sihlcity mit offenen Armen. Das ganze Team schloss ich sofort ins Herz und was ich mit ihnen während des Lockdowns erlebte, wird unvergesslich bleiben. Sie repräsentieren, wofür Lüthy Balmer Stocker steht; Fachkompetenz, Leidenschaft und Familie. 

Und nur so nebenbei: Wo findet man heute noch einen CEO, der alle Mitarbeitenden (über 300) bei Vor- und Nachnamen kennt und bei der Begrüssung stets herzlich nach dem Wohlbefinden fragt? Simone Lüthy ist für mich ein besonderer Grund, weshalb ich gerne ein Teil der Lüthy Gruppe bin. 

 

„Unser Abendessen ist viel zu gut um nur für unseren Brunch bekannt zu sein.“ Diese Worte habe ich letzthin meiner guten Freundin und Chef de Service vom Café des Amis in Zürich gesagt. 

2017, als ich aus Amerika zurück kehrte, brauchte ich einen Nebenjob. Auf dem Weg an ein Vorstellungsgespräch fuhr ich durch Wipkingen und wollte bloss einen leckeren Kaffee im Amis trinken gehen (3 Monate amerikanischen, bääh Kaffee schrieen danach). Beim Reinlaufen dachte ich mir; weshalb arbeite ich nicht hier? Gedacht, getan. Und ich glaube, kein Betrieb hat mein Leben je so geprägt. Das Team wurde zum Freundeskreis, das Café selbst zu einem Zuhause. Heutzutage ist es der Ort, an dem ich schlicht mich selbst sein kann. Die Werte und Philosophie der Geschäftsleitung und des Teams machen dieses Unternehmen aus. Sie agieren nachhaltig, schauen zu einander, jeder hat eine Stimme, die Hierarchie wird flach gehalten und lässt jedem seine individuelle Entwicklung. Dieses Café repräsentiert Liebe und Freundschaft und das erkennt man auch an den vielen Stammgästen, die mir genauso an Herz wuchsen. Vor einem Jahr habe ich zwar gekündigt, bin aber wahrscheinlich öfter im Café als ich hier gearbeitet habe. Das Café des Amis und meine Amis sind ein Teil meines Lebens geworden, für den ich unfassbar dankbar bin, der mich stärkt und glücklich macht. Und wenn man genau hinhört, geht es nicht nur mir so, sondern jedem der Teil dieses Cafés wurde.

Und lass noch gesagt sein, bevor meine Gedanken und Liebe den Rahmen dieses Textes sprengen: Wer nur für unseren Brunch ins Café des Amis kommt, isst zwar einen regionalen Bio Brunch, aber möchte man die Magie dieses Ortes erleben, nutzt man es besser als Quartierbeiz unter der Woche, oder am Abend. 

 

Als ich als Klassenassistentin an der Sekundarschule in Embrach zu arbeiten begann, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können, wie diese Schule meinen Lebensweg bestimmen würde. Ich war kurz davor nach Berlin zu ziehen, als mein Bruder mich fragte, ob ich nebenbei ein wenig Geld als Klassenassistenz verdienen möchte. Kurz darauf waren fünf Jahre vorbei und ich war als Creative & Writing Coach bereits im fünften Durchgang eines Schreibprojekts. An dieser Schule begann meine Zukunft, sie legte die Bausteine für mein jetziges Leben. Was ich mit den Jugendlichen in diesen Jahren erlebte, erinnert mich stets daran, was mir wichtig ist, weshalb ich tue, was ich tue und mich dabei fachlich in diesem Lehrerteam immer weiterzuentwickeln, hinterlässt den Wunsch für immer bei ihnen zu bleiben. 

Es steht und fällt mit der Schulleitung. Das wurde mir durch meine Arbeit an dieser Schule bewusst. Werden die Lehrer entsprechend unterstützt, sind sie auch befähigter ihre Schüler*innen kompetent und resilient zu unterrichten. Und genau diese Unterstützung erfahre ich jedes Jahr aufs Neue. Ich meine, ernsthaft, welche Schule stellt schon eine Autorin an, um jungen Menschen Raum und Zeit zu garantieren ihre Kreativität auszuleben? 

Es ist das Schulleben, das meines bereichert. Ich liebe es ein Teil davon zu sein, mit ihnen auf Klassenfahrt zu gehen, Abschlussfeste zu feiern, Weiterbildungsreisen mitzumachen, Wanderungen mit hundert Schüler*innen zu erleben. Ich schätze mein Kollegium und ihre Arbeit, ihr Engagement, die wertvolle Schulleitung und auch die tiefen Freundschaften, die an dieser Schule entstanden. 

 

Ich dachte so viel Glück wie ich mit meinen Arbeitgeber erfuhr, würde es für weitere Unternehmen schwierig werden, diesem Standard gerecht zu werden. Doch dann kam die Migros Klubschule. 2019 war es endlich soweit und ich hatte die Möglichkeit meine neuen Konzepte zum Schreibunterricht vorzustellen und schliesslich umzusetzen. Was ich dabei nun erlebe ist unglaublich. Nicht nur meine Chefin hatte meine Wertschätzung sofort gewonnen, sondern auch alle, die in irgendeiner Form mit mir arbeiten, um den Kursteilnehmenden ein tolles Angebot zu garantieren. Ich kann mit ihnen meine Berufung ausleben und fühle mich dabei frei, werde stets in allem unterstützt, gefördert und obwohl wir uns momentan wegen Corona mit einer aussergewöhnlichen Situation auseinandersetzen müssen, erfahre ich durch das Engagement meiner Chefin und den Kursplanerinnen eine wundervolle Zusammenarbeit.

Und wie schön es ist mit den Menschen zu schreiben, die sich für meine Kurse anmelden, würde den Rahmen dieses Textes erneut sprengen. Ich bin einfach dankbar, dass ich mein Wissen und die Liebe zum Schreiben weitergeben darf und auch ankommen. 

 

Viele verschiedene Arbeitgeber zu haben hätte überfordernd sein können, aber ich bin für jeden einzelnen dankbar und die Vielseitigkeit meines Berufsleben geht darin auf, tut mir gut und begleitet mich auf dem Weg, auf dem ich immer sein wollte. Ich stehe hinter jedem von ihnen und repräsentiere sie gerne, bin dabei aber ganz mich selbst. Weil so wie ich zu ihnen passe, passen sie eben auch zu mir, vertreten meine Werte und Prinzipien und wurden deshalb von mir gewählt. 

 

Ich sitze seit Beginn dieses Blogartikels bei meinen Freunden im des Amis und frage zum Ende des Textes unsere Chef de Service:

„Hey, findest du, dass ich früher als Hostesse mit den Gästen geflirtet habe?“

„Naja, sie hätten es vielleicht so verstehen können. Aber du bist halt einfach offen und freundlich.“

„Also hättest du mich deswegen nicht kritisiert?“

„Nein, im Gegenteil.“

 

Es hat sich bestimmt viel in meinem Berufsleben verändert, ich habe mich verändert. Aber im Kern bin ich wohl immer noch dieselbe. Jedoch an den richtigen Orten angekommen.